Tag 5: Montag, 23. September 2019

In der Nacht hat es wieder heftig gestürmt, so dass wir mitten in der Nacht nach unten umziehen mussten.  Aber am Morgen sieht das Wetter gar nicht mal so schlecht aus, die Aussicht am Campground auch nicht.
Ich gehe früh morgens noch schnell Duschen und nehme nicht die Abkürzung mit Crogs über die nasse Wiese, sondern laufe aussen herum. Bereits gestern habe ich mir die nötigen Coins für das warme Wasser besorgt. Daran haben nicht alle gedacht – da fällt die Dusche dann aus oder wird arg kalt – die Rezeption macht erst später auf. Hier tun mir die Camper, die auf den Aufenthaltsraum angewiesen sind, arg leid – sie dürfen nicht drinnen im Aufenthaltsraum kochen, sondern müssen dies im Freien bei Wind und Kälte tun.
Und wie geht es Hansi? Der Oberschenkel ist geschwollen sowie grün und blau und er hat natürlich starke Schmerzen, er kann kaum laufen, aber Auto fahren – Automatik sei Dank! Es scheint, als ob er Glück im Unglück gehabt hätte. Wir machen uns Gedanken, ob und wie er unsere für heute vorgesehene Gletschertour mitmachen kann. Und wir haben in ein paar Tagen eine Tour zu einer Lavahöhle gebucht – dort muss man etwa 45 Minuten hinlaufen – wird er das schaffen? Müssen wir die Tour absagen?
 
Strand von Stokksness
Wir starten früh und fahren erst einmal zum Strand von Stokksness, einer Landzunge am Fuße des Vestrahorns. Am Viking Café bezahlen wir 700 ISK, bekommen eine kleine Broschüre und ein Ticket, mit der wir durch die Schranke kommen.
Hansi humpelt so gut es geht am Strand entlang - die Fotomotive sind einfach genial.

Stokksnes ist eine Landzunge im Südosten Islands und liegt unterhalb des Berges Vestrahorn. Auf der Landzunge steht noch ein Leuchtturm. Im Jahr 1955 errichteten die Amerikaner hier eine große Radarstation, die dann auch von der NATO genutzt wurde. Inzwischen sind die meisten Militärgebäude wieder abgerissen.

Auf das Vikingerdorf - hier sollte mal ein Film gedreht werden - verzichtet Hansi, weil der Weg dann doch recht lange ist.
Hier hätte man noch stundenlang bleiben können. Die Motive wären einem nicht ausgegangen. Aber wir müssen weiter - wir haben ja die Gletschertour für heute gebucht.
Dies war dann auch der südöstlichste Punkt auf unserer Tour. Ab hier fahren wir wieder zurück nach Süden.



Diamond Beach
Das nächste Ziel ist der Diamond Beach.

Der schwarze Sandabschnitt wird von kompaktem durchscheinendem Eis bedeckt, das Tausende von Jahre alt ist und wie Diamanten in der Sonne glitzert. So kam der Strand zu seinem Spitznamen: Diamond Beach.



Gletscherlagune Jökulsárlón
Und dann wird es Zeit, zur Gletscherlagune Jökulsárlón auf der anderen Seite der Strassse zu gehen. Wir haben Karten für eine Gletschertour mit dem Schlauchboot - das Boot rechts ist ein Amphibienfahrzeug.  Durch die Größe können diese Boote nicht in alle Ecken und Winkel der Lagune vordringen und halten sich daher meist im vorderen Bereich auf. Die kleinen Zodiacs, also Schlauchboote, sind wendiger und mit ihnen kann man auch die entlegendsten Ecken des Gewässers erkunden. Außerdem kann man sehr viel näher an die Eisberge heranfahren. Die Vorfreude steigt, auch bei Hansi, der eine Voltaren eingeschmissen hat und nun tapfer ohne das Gesicht zu verziehen, in der Gegend herumhumpelt.
Am Fuße der Gletscherzunge des Breidamerkurjökull, der zum Vatnajökull, dem größten Gletscher Islands, gehört, befindet sich der 18 km² große Gletschersee Jökulsárlón. Mit einer Tiefe von 248 Metern ist er zudem der tiefste See Islands.
Wir ziehen uns noch warm an, packen alles zusammen und dann gehen wir zum Treffpunkt für die Tour.
Wir sind - leider - nicht alleine und werden zuerst einmal in Michelin-Männchen verwandelt. Eigentlich ja in doppelte Michelin-Männchen, weil wir bereits vorher dick eingepackt waren. Und dann kann es losgehen. Wir watscheln zum Einstieg in das Schlauchboot - das geht bei Hansi mehr schlecht als recht - doch schliesslich sind wir drin.

Jökulsárlón
Erst fahren wir in der Gletscherlagune herum - die blauen Eisschollen sehen einfach gigantisch aus, wir sind sprachlos. Und dann geht es weiter, soweit wie es erlaubt ist, an die Gletscherzunge heran. Das ist so unwirklich, dass wir echt Gänsehaut bekommen und kurz die Luft anhalten.

Der Jökulsárlón (=Gletscherflusslagune) ist berühmt für seine in vielen Blautönen schimmernden bizarren Eisberge mit schwarzen Einschlüssen aus der Asche vergangener Vulkaneruptionen. Sie brechen von der Gletscherzunge des Breiðamerkurjökull ab und bestehen aus sehr altem Wasser, welches hunderte, ja tausend Jahre im Gletscher schlummerte. Das verschiedenartige Blau der Eisberge entsteht durch die verschiedenen Kristallformationen im Eis und deren Reflexion des Lichtes. Bis zu vier Jahre kann es dauern, bis die Eisberge soweit abgeschmolzen sind, dass sie durch den kleinen Fluss das Meer erreichen können.

Und die Lagune ist natürlich auch eine perfekte Filmkulisse: Neben den beiden James Bond-Streifen „Stirb an einem anderen Tag“ und „Im Angesicht des Todes“ wurde auch Tomb Raider hier gedreht.

Die Zeit geht viel zu schnell vorbei und nach 45 Minuten müssen wir zurückfahren.

Wir watschelten zurück zum Umkleidewagen und waren ganz froh, aus unseren Anzügen wieder rauszukommen.
Was für ein Ausflug, war für ein Erlebnis! Und während wir in der Gletscherlagune unterwegs waren, hat es sogar zu regnen aufgehört.

Viewpoints unterwegs
Der Stopp am Fjallsárlón-Gletschersee - dem kleinen Bruder des Jökulsárlón - fällt wegen Nebels leider aus. Wir waren schon auf halbem Weg zur Gletscherlagune, dann ist er aufgezogen, der Nebel.....
Beim nächsten Halt – beim Blick auf eine Gletscherzunge  des Vatnajökull - sieht man, wie das Wetter zwischen Nebel und Sonne kämpft.

Und bei den nächsten zwei Viewpoints zum Svinafellsjökull, ebenfalls eine Gletscherzunge des Vatnajökull, hat die Sonne endgültig gewonnen.

Natürlich ist auch das eine tolle Filmkulisse: Hier wurde „Batman Begins“gedreht.

Und obwohl Hansis Bein heftig schmerzt und er es eingeschränkt abwinkeln kann, versucht er so viel wie möglich mitzumachen. Respekt!


Campground Skaftafell
Und dann sind wir endlich am Campground Skaftafell. Wir finden einen schönen Platz und weil die Sonne scheint und wir eine Tisch-Bank-Kombination am Platz haben, gibt es ein "Feierabend"-Bierchen. Durch den Tisch haben heute wenigstens nach rechts ein bisschen Abstand - aber links stellt sich natürlich noch ein Camper dazu. Trotzdem hat es uns hier sehr sehr gut gefallen. Was mit Sicherheit auch am besseren Wetter lag.
Wenn die Sonne scheint, heisst das in Island aber nicht automatisch, dass es auch warm ist. Der Wind bläst weiterhin recht stark und mit länger draussen sitzen oder gar Abendessen im Freien ist auch hier nichts - da würde alles wegfliegen. Die Mütze habe ich aber auf, weil heute Bad-Hair-Day ist.
Und weil die Laundry hier nichts kostet und die Maschinen gerade frei sind, ist heute Waschtag angesagt. Und wie immer in einer Laundry lernt man dort nette Leute kennen, tratscht in bisschen, tauscht Neuigkeiten aus. Das einzige Mal übrigens, dass es wirklich nette Kontakte zu anderen Campern gab. Na ja, es waren Amis, die ich dort getroffen habe.
Ich nutze die Zeit so lange die Maschinen laufen, um mir die Gegend ein bisschen anzuschauen. Wow!

Der Skaftafell-Nationalpark in Island ist gekennzeichnet durch eine kontrastreiche Landschaft, die von Naturgewalten geprägt worden ist. Er befindet sich im Südosten der Insel und umfasst 4.800km². Zusammen genommen mit dem angrenzenden Vatnajökull-Nationalpark gehört der Skaftafell zu den größten geschützten Gebieten in Europa. Wie ganz Island ist auch Skaftafell durch Gegensätze geprägt. Die weißen Eisflächen der drei Gletscherzungen Skeiðarárjökull, Morsárjökull und Skaftafellsjökull mit ihren zahlreichen abzweigenden Flüssen bilden einen atemberaubenden Kontrast zu den schwarzen Ebenen, die durch Lava aus den Vulkanen entstanden sind. In Skaftafell befindet sich außerdem der höchste Berg Islands, der Hvannadalshnjúkur, sowie der aktivste Vulkan, der Grímsvötn. Trotz der kontrastreichen Landschaft, die lebensfeindlich anmuten mag, sind Flora und Fauna des Skaftafell artenreich und vielfältig. Aufgrund des milden Klimas konnte sich eine dichte Pflanzendecke ausbilden, die über den Boden ausgebreitet liegt. Die mächtigen Hänge hinauf sowie an deren Fuß wachsen Birken, Eschen und Weiden.